Täglich sieht man etwas, erlebt etwas, liest etwas, hört man von etwas, das man nicht versteht. Insbesondere die Presse wirft mit ihren Artikeln oft mehr neue Fragen auf, als das sie alte Fragen beantworten.

23 Oktober 2006

Datenschutz in Deutschland, ein politischer Winter- Albtraum

Erst mal ein Zitat aus den heise News:
„Günther Krings, Berichterstatter der CDU/CSU-Fraktion für die zweite Stufe der Urheberrechtsreform, hatte zuvor imMagazin Focus erklärt: "Wenn beim Provider die Daten vorhanden sind, kann man sie auch für die Verfolgung von Copyright-Verstößen nutzen."“

Was der Mann sagt, ist ganz einfach. Wenn Daten vorliegen, dann kann man die doch auch ruhig zur Strafverfolgung nutzen. Jetzt werden viele sagen, na klar warum auch nicht.
Die Diskussion war vor kurzem auch, mit zum Teil ausgesprochen unintelligenten Beiträgen in den Medien, im Zusammenhang mit der Fahndung nach einem mehrfachen Mörder und die Daten aus dem Mautkontrollsystem großes Thema.

Das Daten, einmal vorhanden, Begehrlichkeiten wecken, ist nichts Neues. Deswegen hat man das Bankengeheimnis in Deutschland fast vollständig aufgelöst.

Das aber Politiker jetzt klar sagen, was sie wollen, nämlich den gläsernen Bürger, das ist dann doch neu. Denn bisher war immer die Rede davon, das die Daten nur für bestimmte Zwecke genutzt werden. Die Vorratsdatenspeicherung um die es im obigen Zitat geht, sollte z. B. Terroranschläge verhindern oder zumindest aufklären helfen. Es wurde dann noch eingewendet, man könne die Daten auch zu so ehrenhaften Sachen, wie die Verfolgung von Kinderpornografie verwenden, aber für mehr wollte kein Politiker die Daten genutzt wissen. Das ist nun wohl vorbei. Nun stellt sich also der CDU Politiker in den Dienst der Medienunternehmen und will mit den erhobenen Daten Urheberrechtsverstöße verfolgen. Das ist unglaublich. Ich habe dem guten Mann gleich eine Mail geschickt und gesagt, dass er damit die CDU für mich für die nächsten Jahre unwählbar gemacht hat.
Die Politiker arbeiten daran die gesamte Bevölkerung unter Gerneralverdacht zu stellen. Wer nichts wirklich schlimmes tut, könnte ja immerhin MP3 illegal (nach Meinung der Rechteinhaber) aus dem Internet laden. Das muss überwacht und verfolgt werden. Und dazu kann man sich dann ja der vorhandenen Daten bedienen. Auch wenn das die Persönlichkeitsrechter der Bürger einengt und die Verfassungsmäßigkeit der Vorratsdatenspeicherung wohl auch sehr fragwürdig ist.
Während also die Rechte der Bürger immer weiter beschränkt werden und der Bürger durch die Politiker überwacht wird, klagen gleichzeitig Bundestagsabgeordnete gegen die Verpflichtung Nebeneinkünfte offen zu legen. Und das Informationsfreiheitsgesetz entpupt sich als Papiertiger, denn bei den ersten großen Anfragen, wo es um wichtige Projekte (Toll Collect) ging, wird ein Auskunftsrecht abgewiesen und z. B. auf Geschäftsgeheimnisse verwiesen, die eine Auskunft nicht zulassen.
Der Politiker will also den Bürger aushorchen, kontrollieren und unterstellt ihm allenthalben betrügerische Absichten, während er gleichzeitig sein Handeln vor den Bürgern verheimlichen will und mit Klagen und Gesetzesänderungen dies durchsetzt. Wundert sich da noch jemand über die zunehmende Politikverdrossenheit in diesem Land?

Unschuldsvermutung

Groß war die Aufregung diesen Sommer über Doping im Profi-Radsport. Den absoluten Höhepunkt glaubte man erreicht zu haben, als mit Jan Ullrich, Ivan Basso, Alexandre Vinokourov, Francisco Mancebo und noch ein paar weitere Fahrer durften nicht an den Start gehen. Der gesamte Rennstall Astana war, wegen Verdacht auf Doping. erst gar nicht gestartet. Das war schon traurig und schlimm genug. Man musste den Eindruck haben, dass die Beteiligten aus den Skandalen der vorigen Jahre nichts gelernt hatten. Nun war großes Reinemachen angesagt. Von überall wurden gute Vorschläge gemacht, wie man die Kontrollen verbessern kann und das Image des Radsports wieder aufbessern kann. Bevor auch nur ein Vorschlag umgesetzt werden konnte kam der nächste Hammer. Der Toursieger Floyd Landis wird positiv auf Testosteron getestet. Ein absolutes Desaster für das Image der Tour. Jegliche Glaubwürdigkeit ist dahin. Noch größer waren die Forderungen und Ideen, wie der Sport wieder sauber werden sollte.
Bisher habe ich nur bei einigen Teams mitbekommen, dass dort was getan wurde, wie weit das aber tatsächlich reicht und über Absichtserklärungen hinausreicht, kann ich nicht beurteilen.
Und nun, fast 6 Monate später stellt sich die Situation so dar, dass fast nichts übrig bleibt. Keine Anklage gegen Basso, keine Anklage gegen Ullrich. Die ganzen Umstände mehr als merkwürdig. Man kann meinen, da hat es niemand drauf angelegt, wirklich ein Verfahren einzuleiten.
Sicher, die Tour-Suspendierung der beiden Fahrer stütze sich auf sehr dünnem Eis. Da gab es nur ein paar Listen mit Namen, wo die Ermittler meinten, das sich hintern den Code-Namen bestimmte Fahrer verbergen könnten. Das ist natürlich sehr wenig und mir damals auch unverständlich gewesen, warum auf Grund einer solchen Sachlage so weit reichende Entscheidungen getroffen werden. Vor allem, weil nach wie vor in Zweifelsfällen gilt: „Im Zweifel für den Angeklagten.“
Nur ist die Situation hier etwas anders. Es handelt sich nicht um eine Klage vor einem ordentlichen Gericht. Die Veranstalter der Tour haben andere Entscheidungsmöglichkeiten als Staatliche Einrichtungen. Und so steht es ihnen frei, auf bestimmte Teilnehmer zu verzichten, wenn sie die Reputation ihrer Veranstaltung gefährdet sehen. Es liegt dann an den Radfahrern ihre Unschuld zu beweisen. Dies ist nicht erfolgt. Obwohl die Beweise eher zu als abgenommen haben, ist von Seiten der Fahrer nichts unternommen worden um den Verdacht aus dem Weg zu räumen.
Rechtlich ist das zwar alles in Ordnung, aber moralisch kann ich es nicht verstehen.
Damit haben die Sonderlichkeiten aber noch lange kein Ende.
Kaum wird bekannt, dass gegen Basso keine Anklage erhoben wird, und er seine Lizenz behalten darf, meldet ausgerechnet das Team Discovery Interesse an Basso an. Die dementieren zwar kurz darauf gleich wieder, aber allgemeines Interesse besteht und nicht nur von Seitens Discovery.
Ulrich gibt seine Schweizer Lizenz zurück.
Der Deutsche Radsportverband verkündet zwar, das es unvollstellbar wäre, Ullrich in Deutschland eine Lizenz zu geben, aber das ist ja auch nicht nötig, die Östreicher haben ihm wohl schon eine in Aussicht gestellt. Und ist die Lizenz erst mal da, wird sich sicher auch schnell ein Team finden, das Ullrich beschäftigt.
So wird es kommen, dass zwar alle Beteiligten, auch die Teams, fleißig im Sommer gegen Doping gewettert haben, aber all die Verursacher des Skandals bald für Profi Teams auf der Piste sein werden.
Und das ist für mich der größte Skandal. Wie Teams sich Leute holen können die dermaßen in den Schlamassel verwickelt waren wie Basso und Ullrich, und sich dann wundern, dass das Ansehen des Radsport nachlässt und Sponsoren abspringen.
Wenn die Teams keine Konsequenzen ziehen und belastete Fahrer beschäftigen, dann bedeutet das im Ergebnis nichts anderes, als das sie sagen, es hat gar kein Doping-Skandal gegeben. Es ist nichts gewesen, deswegen müssen wir auch nicht reagieren und können so weiter machen wie bisher.
Nur glaubt das einfach keiner. Ich zumindest nicht.