Täglich sieht man etwas, erlebt etwas, liest etwas, hört man von etwas, das man nicht versteht. Insbesondere die Presse wirft mit ihren Artikeln oft mehr neue Fragen auf, als das sie alte Fragen beantworten.

15 August 2006

Was man aus dem Fall Günter Grass lernen könnte, die meisten aber nicht wollen

Die Diskussion über die Aussage von Günter Grass, dass er Mitglied der Waffen-SS war ist in allen Medien in vollem Gange. Auch Henryk M. Broder meldet sich zu Wort. Im Spiegel schreibt er eine lange ausführliche Darlegung seiner Sicht. Einige Aussagen finde ich ganz interessant, und eine Aussage finde ich bemerkenswert. Hier ein Zitat aus dem Artikel von Broder:

„Der senkrechte Fall des Bürgers Grass veranschaulicht, wie stark auch in einer liberalen und permissiven Gesellschaft das Verlangen nach Autoritäten und Wegweisern ist, die einem sagen, wo es lang geht. Umso heftiger fällt dann die Enttäuschung aus, wenn einem plötzlich bewusst wird, dass man dem Falschen hinterher gelaufen ist.“

Erst mal kann Broder sich einen ordentlichen Seitenhieb auf gewisse Leute nicht verkneifen. Die Beobachtung, dass alle (auch die Intellektuellen, Linken oder sonstige Weltverbesserer) gerne eine Autorität haben, der sie zustimmen können, über die sie sich identifizieren und auf die sie sich berufen können, ist klar und gut nachvollziehbar. Tja, und was machen diese Leute nun, wenn ihr ´Denkmal´(was sie natürlich nie so nennen würden) einstürzt? Sie reagieren menschlich. Was ja auch wenig überraschend ist.

Wenn man hohe Erwartungen von Menschen hat, kann man groß Enttäuscht werden und davor ist niemand sicher. Das ist es was Broder schreibt. Nicht so ganz direkt, aber das lese ich daraus. Was Broder nicht schreibt ist eine weitere Konsequenz. Nämlich, es gibt keine absolute Sicherheit, wenn man sich auf Menschen als höchste Autorität verlässt. Darüber ließe sich jetzt streiten und vor allem philosophieren. Bei all dem kann man dann zu dem Ergebnis kommen, dass für die Menschen als höchste Instanz ein Mensch ausscheidet. Die Erkenntnis ist nicht neu, deswegen gibt es Religionen. Und als Christ glaube ich diese höchste Instanz gibt es. Daher fällt es mir auch sicher leichter den Fall Grass zu verstehen als die von Broder zitierte „liberalen und permissiven Gesellschaft“